Am 13. Februar 2012 fand in den Räumen der IHK zu Dortmund zum dritten Mal das BranchenForum HandelsLogistik.NRW des LogistikClusters NRW in Zusammenarbeit mit dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.V. und dem Verband Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL) e.V. statt. Fazit des spannenden Nachmittags war, dass die Handelslogistik in der Versorgung von urbanen Räumen und Stadtregionen vor großen Herausforderungen steht. Hierzu gehören der demografische Wandel der Stadtbevölkerung, mehr ältere Menschen, aber auch eine zunehmende Immobilität der ganz alten Menschen. Zugleich drängen jüngere Menschen zurück in die Innenstadtlagen und e-Commerce ist weiter auf dem Vormarsch. Für Handel und Logistik resultieren hieraus in den nächsten Jahren – insbesondere in Stadtregionen – tiefgreifende Veränderungen: Neue Handelsstandortkonzepte sowie CO2- und lärmoptimierte, kooperative Logistiklösungen – gerade im Bereich Grundversorgung und Lebensmittel – sind gefragt. Erfreulich: Die anwesenden Vertreter von Land, Kommunen, Handel und Logistik signalisierten für diese anspruchsvolle Aufgabe eine große Bereitschaft zur konstruktiven Zusammenarbeit.

Leitthema des 3. BranchenForums HandelsLogistik.NRW war die Zukunft der Handelslogistik in NRW. Intensiv diskutierten über 70 Teilnehmer aus Handel, Transport und Logistik sowie Kommunen des Rhein-Ruhr-Raumes das Spannungsfeld Handelsversorgung und -Entsorgung, Transport und Stadtentwicklung.

Torsten Waack van Wasen, Head of E-Commerce, Galeria Kaufhof, beschrieb anschaulich und anhand der in seinem Unternehmen erfolgreich realisierten Lösung, die logistischen Folgen von Multi Channel Retailing und geändertem Kauf- und Bestellverhalten der Konsumenten. Aus seiner Sicht gehört die Zukunft Multi Channel Retailing-Konzepten, die unter Einsatz mehrerer Vertriebs- und Marketingkanäle die Verbindung von stationärem und Online-Geschäft ermöglichen. Die Erfahrung von Galeria Kaufhof: Multi Channel Retailing ist eigentlich ganz einfach. Aber: In seiner Umsetzung steckt eine enorme Komplexität.

Dr. Volker Lange, Ressortleiter Verpackungs- und Handelslogistik, Fraunhofer IML, schilderte Zwischenergebnisse des Forschungsprojektes „Urban Retail Logistics“, in dem gemeinsam mit Handelsunternehmen, wie Metro, REWE, DOEGO, Landgard und Lekkerland, Konzepte der zukünftigen Handels- und Versorgungslogistik in urbanen Regionen entwickelt werden. Er ist der festen Überzeugung: „Ohne Kooperation und nur mit heutigen Logistiklösungen wird es nicht mehr gehen.“

Was auf den ersten Blick angesichts verschärfter Rahmenbedingungen wie Umweltzonen, eingeschränkter Lieferzeitfenster in Innenstädten und Lärmschutzplanungen überraschte: Land, Kommunen, Handel und Logistik signalisierten auf dem Forum eine große Bereitschaft zur Zusammenarbeit.

Ministerialdirigentin Anne Katrin Bohle, Abteilungsleiterin Stadtentwicklung und Denkmalpflege im NRW-Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr, fasste dies so zusammen: „Wir stehen alle auf einer Seite.“

In seiner Begrüßung erinnerte zuvor Reinhard Schulz, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Dortmund, daran, dass die Basis für eine zukunftsfähige Handelslogistik und somit Versorgung der Bürger, die Sicherstellung einer leistungsfähigen Infrastruktur ist. Leider sei Nordrhein-Westfalen mit rund 130 Milliarden Kfz-Kilometern nicht nur Verkehrsland Nummer 1, sondern mit 60.000, von bundesweit 189.000, Staus in 2011 auch Stauland Nummer 1 in Deutschland. Dr. Christoph Kösters, Hauptgeschäftsführer des clustertragenden Verbandes Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen e.V. (VVWL), stellte zu Beginn die entscheidenden Fragen: „Werden weitere stadtplanerische Eingriffe und verschärfte Auflagen – Stichworte: Umweltzonen, Zeitfenstervorgaben für Lieferverkehre, verschärfte Lärmschutzauflagen – die Erreichbarkeit der Handelsstandorte für die Transport-und Logistikdienstleister und die handelseigene Logistik maßgeblich erschweren? Passen schon in ein paar Jahren bestehende Logistikkonzepte nicht mehr und sind für die Zukunft neue Liefer- und Verteilersysteme vonnöten?“

In der anschließenden Diskussionsrunde ging es um konkrete Hemmnisse in der urbanen Handelsver- und Entsorgung und um Lösungsmöglichkeiten. Insbesondere die Rückkehr zu den kurzen Wegen für Innenstadtbewohner ziehe aber eine Atomisierung von Sendungsgrößen nach sich – eine große Herausforderung für die Lebensmittellogistik. Die Erreichbarkeit vieler Innenstädte in NRW werde derzeit durch einen Instandsetzungsstau behindert, was durch enge Lieferzeitfenster, die oft parallel zum Berufsverkehr liegen, noch verstärkt wird. Hinzu komme die mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung für eine Filialbelieferung vor 6 Uhr. Auch moderne Fahrzeuge könnten hier kaum Abhilfe schaffen, da meist der Umschlag das Lärmproblem darstelle. Eine Atomisierung von Sendungsgrößen wird jedoch auch durch den wachsenden Online-B2C und -C2C-Handel hervorgerufen. Hier sind neue intelligente Bündelungskonzepte bei der Zustellung gefragt. Einigkeit bestand darin, dass bei der Lösung dieser Hemmnisse die Kommunen gefordert sind, in einen Dialog mit der Bevölkerung zu treten, um eine Grundlage für konstruktive Lösungen zu finden. Es diskutierten: Anne Katrin Bohle, Abteilungsleiterin Stadtentwicklung und Denkmalpflege im Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes NRW, Rainer Gallus, Geschäftsführer Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.V., Andreas Gessner, Bereichsleiter Distributionslogistik Deichmann SE , Bernd Häger, Geschäftsführer Spedition Häger GmbH & Co. KG, Klaus Hamm, Leiter Logistik Galeria Kaufhof GmbH, Dr.-Ing. Ernst Kratzsch, Stadtbaurat Stadt Bochum, Mitglied der Ausschüsse für Bauen und Verkehr Städtetag Nordrhein-Westfalen und Deutscher Städtetag, Gerhard Kunkel, Betriebsleiter EDEKA Handelsgesellschaft Rhein-Ruhr mbH.

Über das LogistikCluster NRW

Für das LogistikCluster NRW hat sich der LOG-IT Club e.V. als Trägerverein mit dem Verband Verkehrswirtschaft und Logistik NRW zusammengeschlossen. Gefördert wird das Projekt vom Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der EU. Das LogistikCluster NRW ist Teil der NRW-Clusterpolitik unter der Dachmarke Exzellenz.NRW

Ziel ist es, die Kräfte in der Logistikwirtschaft in NRW zu bündeln und eine aktive Logistik-Community in NRW zu bilden. NRW soll zum Logistikstandort Nr.1 in Europa weiterentwickelt werden. Dazu werden in den kommenden Jahren vielfältige Aktivitäten durch das Clustermanagement Logistik umgesetzt. Eine aktive Teilnahme an dem Netzwerk ist durch die Mitgliedschaft im LOG-IT Club e.V. möglich, derzeit sind schon gut 170 Unternehmen und Institutionen aktiv als Mitglied dabei.

Über den Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.

Der Handelsverband Nordrhein-Westfalen (HV NRW) ist der größte Landesverband des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels, HDE (Berlin), mit Sitz in Düsseldorf. Er vertritt die Interessen von über 100.000 Einzelhandelsunternehmen jeglicher Branche, Betriebsform und -größe im Land Nordrhein-Westfalen. Mit rund 700.000 Beschäftigten generiert der NRW-Einzelhandel einen jährlichen Gesamtumsatz von rund 100 Milliarden Euro. Im Landesverband sind 13 regionale Einzelhandelsverbände in ganz NRW organisiert.


(hintere Reihe v.l.n.r.: Torsten Waack von Wasen (Galeria Kaufhof), Andreas Gessner (Deichmann SE), Bernd Häger (Spedition Häger), Dr. Christoph Kösters (VVWL), vordere Reihe v.l.n.r.: Klaus Hamm (Galeria Kaufhof), Anne Katrin Bohle (NRW-Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr), Dr. Volker Lange (Fraunhofer IML), Rainer Gallus (HV NRW)