Am Abend des 8. März 2017 begrüßten der Handelsverband NRW (HV NRW) und der Handelsverband NRW – Rheinland (HVR) knapp 250 geladene Gäste aus Politik, Öffentlichkeit und Wirtschaft zum Jahresempfang des nordrhein-westfälischen Einzelhandels. Als Gastrednerin durften die Wirtschaftsverbände die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft willkommen heißen.

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Dr. Peter Achten, Hauptgeschäftsführer HV NRW, Friedrich G. Conzen, Vorsitzender HVR, und Michael Radau, Präsident HV NRW; begrüßen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zum Jahresempfang (Foto: Jan Weckelmann)

Michael Radau, Präsident des Handelsverbandes NRW, nutzte den Abend, um mit den Gästen vor Ort auf das vergangene Jahr im Einzelhandel, aber auch auf die nahe Zukunft zu blicken. Dabei wurde deutlich: Den Handel in NRW treiben derzeit viele Themen um. So stellte Radau klar, dass der seit 2016 deutlich verschärfte Streit um verkaufsoffene Sonntage im Land ein Machtkampf ist, der auf dem Rücken der Kommunen und an der Lebensrealität der Menschen vorbei ausgetragen wird. Wer sich beim Sonntagseinkauf nicht bevormunden lassen wolle, weiche eben auf Nachbarkommunen, die Niederlande oder das rund um die Uhr verfügbare Internet aus. Letzteres ist seit Jahren Wachstumstreiber im Einzelhandel. Radau zeigte auf, dass von dem knapp dreiprozentigen Umsatzplus, das die Branche 2016 erzielte, nur Bruchteile im Handel vor Ort hängen blieben. Gewinner ist der Online-Handel – mit gravierenden Folgen für die Zentren der Städte. „Die Lebensqualität unserer urbanen Innenstädte funktioniert nur mit attraktivem Einzelhandel“, so Radau. Doch in einigen Kommunen seien die Leerstände in den Einkaufsstraßen mittlerweile so gravierend, dass einstige Einkaufslagen gänzlich neu genutzt werden und Fußgängerzonen Stück für Stück verschwinden. Verkaufsoffene Sonntage seien, so Radau, nicht nur Garant für Aufmerksamkeit und steigende Besucherzahlen, von denen Handel und Stadt gleichermaßen profitieren. Sie sicherten den Händlern vor Ort auch einen Umsatzanteil, der durch den Wegfall von Sonntagsöffnungen unwiederbringlich wegbräche. Radau betonte deutlich, dass der NRW-Handel nicht nach der völligen Freigabe der Sonntage verlange, sondern nach vier verkaufsoffenen Sonntagen pro Verkaufsstelle und Jahr – also der Umsetzung des geltenden Ladenöffnungsgesetzes NRW. Und zwar chancengleich in allen Kommunen. Hier Rechtssicherheit zu schaffen, dafür appellierte Radau, sei elementar, damit Einkaufszonen in den Städten NRWs auch in Zukunft attraktiv blieben.

Deutliche Worte fand Verbandspräsident Radau auch für die erst im Februar 2017 durch die Landesregierung verabschiedete Hygiene-Ampel: „Die Ampel ist die überflüssige Wiederbelebung mittelalterlicher Methoden in Zeiten sozialer Netzwerke!“ Wer einmal eine gelbe oder gar rote Ampel habe, könne einpacken, so Radau. Denn die Ampelfarbe führe ein ewiges Leben im Internet. Die Ironie der Ampel, merkte Radau an, läge darin, dass die Betriebe mehr Strafpunkte für inkorrekte Dokumentation bekämen, als für tatsächliche Hygiene-Verstöße. Schlussendlich appellierte Radau für weniger Bürokratie. Der Handel sei zu so vielen bürokratischen Dokumentations- und Berichtspflichten angehalten, dass es über die Verwaltung des Betriebsalltags hinaus kaum noch möglich sei, innovativ und kreativ zu denken. Radau forderte deswegen von der Politik ein deutlicheres Verständnis für die Tragweite ihrer politischen Entscheidungen für das Unternehmertum. Radau: „Als Landes- und Kommunalpolitiker haben Sie eine Schlüsselrolle für die Zukunft des Handels, weil Sie die entscheidenden Rahmenbedingungen setzen.“ Gleichzeitig zollte er den anwesenden Politikern hohen Respekt und bedankte sich vor allem bei Ehrengast und Gastrednerin Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin des Landes NRW, für die Wertschätzung, die sie der Handelsbranche mit ihrem Besuch entgegenbrachte.

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Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hält die Gastrede zum Jahresempfang der NRW-Branche (Foto: Jan Weckelmann)

Während ihrer Rede sagte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: „Der Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen ist ein wesentlicher Teil unseres starken Wirtschaftsstandorts. Mit über 750.000 Beschäftigten und Auszubildenden ist er einer der wichtigsten Arbeitgeber des Landes.“

Die Ministerpräsidentin ging in ihrer Rede auch auf die aktuelle Diskussion zu den verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen ein: „Uns ist bewusst, dass es für den Handel auf einen sicheren rechtlichen Rahmen ankommt – vor allem bei der Frage der verkaufsoffenen Sonntage. Deshalb hat der Wirtschaftsminister zugesichert, eine Handreichung für Kommunen, Städte und Gemeinden gemeinsam mit dem Handelsverband zu erstellen. Wir wollen tragfähige und gute Lösungen. Deshalb danke ich allen Beteiligten für die Bereitschaft, an diesen konstruktiven Schritten mitzuwirken.“

Die Bedeutung des Einzelhandels für die Bürgerinnen und Bürger stellte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft heraus: „Die Kundennähe macht traditionell die Stärke des Einzelhandels bei uns aus und das trägt ganz wesentlich zur Lebensqualität in Nordrhein-Westfalen bei.“

In einer kurzweiligen Podiumsdiskussion debattierten Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel, der HVR-Vorsitzende Friedrich G. Conzen und HV NRW-Präsident Michael Radau, darüber, ob Roboter Teil der Zukunft des Einzelhandels sein könnten, wo deren Möglichkeiten und Grenzen lägen, wie unsere Städte in zehn, 20 oder 30 Jahren aussehen sollten und welche Weichen dafür schon heute gestellt werden müssten.

Der Jahresempfang der Handelsverbände ist die Jahresleitveranstaltung der nordrhein-westfälischen Einzelhandelsorganisation. Unter den rund 250 Gästen der Veranstaltung begrüßte der NRW-Einzelhandel neben NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel, zahlreiche Abgeordnete der Parlamente, Bürgermeister, Vertreter des diplomatischen Corps und der Kommunalpolitik sowie Führungskräfte aus Handel und Wirtschaft. Unter den Gästen weilte auch Pepper, ein knapp 120 Zentimeter großer humanoider Roboter, der als Einkaufsassistent bereits im europäischen Handel getestet wird. Mit ihm und kurzen Feedback-Runden via Tablets ließen die Handelsverbände die Gäste einen Blick auf digitale Möglichkeiten im Handel werfen.

Durch den Abend führte die aus Funk und Fernsehen bekannte WDR-Moderatorin Gisela Steinhauer. Für den musikalischen Rahmen sorgten Sascha Blejwas und Alex Clouet als akustisches Duo „Gitarre mal Zwei“.

Mehr Informationen:

Jahresempfang am 8. März 2017
Garant für Lebensqualität in NRW: Ministerpräsidentin Kraft betont Wichtigkeit der Branche für die Menschen im Land