Der Handelsverband Deutschland (HDE) stellt klar, dass die Forderungen von ver.di in Baden-Württemberg nach einer Tarifanhebung von 15 Prozent zu hoch sind. In anderen Tarifgebieten hat ver.di eine pauschale Tarifanhebung von 2,50 Euro pro Stunde gefordert, was beim Verkäufereckgehalt ebenfalls bis zu 15 Prozent ausmacht. In den unteren Entgeltgruppen läge die Steigerung sogar über 20 Prozent. Trotz schwierigster Rahmenbedingungen machen die Arbeitgeber zum Auftakt in Baden-Württemberg ein Angebot.

„Allein die Entgeltforderungen der Gewerkschaft würden im Einzelhandel bundesweit zu einer Kostensteigerung für die Arbeitgeber um rund 6,3 Milliarden Euro pro Jahr führen. Die Unternehmen können das im aktuell schwierigen wirtschaftlichen Umfeld schlicht nicht stemmen“, so HDE-Tarifgeschäftsführer Steven Haarke. Die Branche bekommt derzeit eine deutliche Konsumzurückhaltung zu spüren. „Neben der hohen Inflation trüben Krieg, schlechte Wirtschaftsprognosen sowie die Turbulenzen im Bankensektor die Stimmung“, so Haarke. Auch müssten Unternehmen im Einzelhandel ständig weiter investieren, um sich am Markt zu behaupten.

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen haben sich die Arbeitgeber aber entschlossen, den Beschäftigten gleich zum Start der Verhandlungen ein abschlussnahes Angebot zu unterbreiten. Das Angebot in Baden-Württemberg umfasst eine Tarifsteigerung in zwei Schritten um insgesamt fünf Prozent bei einer Laufzeit von 24 Monaten. Zusätzlich sollen die Beschäftigten bei Abschluss schnellstmöglich eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 750 Euro erhalten. Im zweiten Tarifjahr soll eine weitere Zahlung in Höhe von 250 Euro folgen. Haarke: „Die Tarifpolitik ist gut beraten, jetzt das kluge Instrument der Inflationsausgleichsprämie zu nutzen, um die Inflation zu bremsen.“

Die Folgen der Inflation auszugleichen, könne aber nicht allein Aufgabe der Tarifpolitik sein: „Die Bundesregierung hat bereits mehrere Gesetzespakte geschnürt, die die Beschäftigten beim Nettogehalt spürbar entlasten“, so Haarke weiter. Die Forderung nach einer Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) sei strikt abzulehnen. „Die AVE ist die große Ausnahme, dabei muss es bleiben“ so Haarke. Tatsächlich seien weniger als 0,3 Prozent aller Tarifverträge in Deutschland für allgemein verbindlich erklärt.

Die Tarifpolitik im Einzelhandel wird im Tarifpolitischen Ausschuss des HDE bundesweit koordiniert. Tarifverträge werden im Einzelhandel traditionell in den Ländern verhandelt. Die erste Verhandlungsrunde fand heute in Baden-Württemberg statt. Mit NRW und Hessen starten am 24. April 2023 zwei weitere große Tarifgebiete in diese Tarifrunde. Im Einzelhandel arbeiten in Deutschland mehr als 3,1 Millionen Beschäftigte. Für rund zwei Drittel von ihnen richtet sich die Vergütung direkt oder indirekt nach dem Branchentarif.

Quelle: HDE