Am Abend des 12. März 2018 begrüßten der Handelsverband NRW (HV NRW) und der Handelsverband NRW – Rheinland (HVR) knapp 250 geladene Gäste aus Politik, Öffentlichkeit und Wirtschaft zum Jahresempfang des nordrhein-westfälischen Einzelhandels. Als Gastredner durften die Wirtschaftsverbände Karl-Uwe Bütof, Abteilungsleiter „Innovationen und Märkte“ im Wirtschaftsministerium NRW begrüßen, der den nordrhein-westfälischen Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart aufgrund kurzfristiger Erkrankung vertrat.
Michael Radau, Präsident des Handelsverbandes NRW, nutzte den Abend, um mit den Gästen vor Ort auf das vergangene Jahr im Einzelhandel, aber auch auf die nahe Zukunft zu blicken. Dabei wurde deutlich: Der Handel in NRW muss jetzt zukunftsfähig gestaltet werden, um auch künftig wirtschaftskräftiger Job-Motor und attraktiv für Besucher von Städten und Kommunen zu bleiben.
Insbesondere die Herausforderungen der Digitalisierung gilt es zu meistern, jedoch bereiten der Branche auch die Diesel-Fahrverbote sowie das neue EU-Datenschutzgesetz Kopfzerbrechen.
Letzteres stelle insbesondere in Zeiten, in denen die Digitalisierung des Einzelhandels vorangetrieben werden sollte, ein massives Plus an Bürokratie für jeden Geschäftstreibenden dar, so Radau. Bis zu 200 Datenschutzanfragen pro Monat werden Unternehmen durchschnittlich nach Inkrafttreten der neuen Datenschutzgrundverordnung ab Mai beantworten müssen, wofür schlimmstenfalls mehrere Mitarbeiter ausschließlich beschäftigt sein könnten. Das Resümee Radaus: „Ein kleiner Einzelhändler ist weder in der Lage diese Mammut-Aufgabe zu bewältigen, noch die Strafen in drakonischer Höhe zu begleichen, die es später hageln könnte.“ Radau betonte deutlich, dass manches Unternehmen der neuen Verordnung nicht standhalten könnte – und dass der Schutz von Personendaten besser dort geschaffen würde, wo auch die neue EU-Verordnung nicht greift: etwa zur Kontrolle amerikanischer Unternehmen, die mit den hierzulande erhobenen Daten Milliardenbeträge von der Werbeindustrie erhalten.
Die Digitalisierung des NRW-Einzelhandels voranzutreiben, sei nun eine der entscheidenden Aufgaben der Branche, sagte Radau und sprach dem Wirtschaftsministerium seinen Dank für die Unterstützung aus.
Karl-Uwe Bütof, Abteilungsleiter „Innovationen und Märkte“ im Wirtschaftsministerium NRW, in Vertretung für NRW-Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart, betonte in seiner Rede: „Die Zukunft im Handel ist digital. Das ist aber keineswegs gleichbedeutend mit Online-Shopping. Es geht vielmehr darum, Prozesse, Kommunikation und Infrastruktur sowie die Dienstleistung selbst neu zu denken. Wir unterstützen den Einzelhandel dabei gezielt, diesen Herausforderungen durch kluge Konzepte und Strategien zu begegnen. So können wir unseren Beitrag dazu leisten, diese für Nordrhein-Westfalen wichtige Branche zukunftsfest zu gestalten.“ Bütof lud alle Teilnehmer des Jahresempfanges ein, sich an dem neuen Projektaufruf „Digitalen und stationären Einzelhandel zusammendenken“ mit innovativen Konzepten zu beteiligen.
Michael Radau bekräftigte diese Worte: NRW brauche den Blick nach vorne, der Wachstum, Pioniergeist und Innovationskraft schaffe. Er appellierte an jeden einzelnen Akteur aus dem Handel, der Politik sowie aus Städten und Kommunen, Selbstverantwortung und Engagement voranzutreiben: „Es gilt nun, alle Stärken zu bündeln, um den Einzelhandel auch weiterhin zukunftsfähig zu gestalten.“ Solange den Menschen die Möglichkeit zum Einkaufen in ihrer Freizeit an ausgewählten Sonntagen versagt würde, solange Händler nicht digitaler würden, um attraktive Services anbieten zu können oder solange das Parken in Städten horrende teuer sei, müsse sich niemand wundern, wenn Kunden verloren gingen, etwa an Online-Anbieter.
Besonderer Dank für die Novelle des neuen Ladenöffnungsgesetzes NRW, welches in Kürze in Kraft treten soll, galt NRW-Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart, der den Anlassbezug bei der Beantragung verkaufsoffener Sonntage zugunsten des Erhalts des Einzelhandels sowie der Attraktion von Städten neu formulierte. Die Rechtssicherheit zur Öffnung an ausgewählten Verkaufssonntagen zu schaffen sei elementar, damit Einkaufszonen in den Städten NRWs auch in Zukunft attraktiv blieben.
Um innerstädtische Geschäfte auch künftig gut erreichen zu können, seien zudem kluge Maßnahmen der Luftreinhaltung notwendig, um Diesel-Fahrverbote nach Möglichkeit einzudämmen. Insbesondere der Wirtschaftsverkehr könnte ansonsten erheblich leiden und den lokalen Handel massiv behindern.
Visionen von der Einzelhandelswelt der Zukunft und die Attraktivität der Branche auch für Arbeitnehmer verdeutlichte eine anschließende Talk-Runde mit HVR-Vorsitzenden Friedrich G. Conzen, HV NRW-Präsident Michael Radau und vier erfolgreichen Nachwuchs-Kaufleuten: Dabei ging es um die veränderten Anforderungen an das Berufsbild, welches sich mit der Digitalisierung stark weiter entwickelt hat sowie um die zahlreichen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten im Handel. Zu welchem Erfolg ein Beruf im Einzelhandel führen kann, zeigt die Vita von HV NRW-Präsident Michael Radau selbst: Der Münsteraner hat als Mitarbeiter eines kleinen Bioladens begonnen, ökologische Lebensmittel zu verkaufen, und ist heute Vorstandsvorsitzender der daraus entstandenen 26 SuperBioMärkten in NRW und Niedersachsen.
Der Jahresempfang der Handelsverbände ist die Jahresleitveranstaltung der nordrhein-westfälischen Einzelhandelsorganisation. Unter den rund 250 Gästen der Veranstaltung begrüßte der NRW-Einzelhandel den Leiter der Abteilung „Innovationen und Märkte“ im Wirtschaftsministerium, Karl-Uwe Bütof (in Vertretung für NRW-Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart) und Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel, zahlreiche Abgeordnete der Parlamente, Bürgermeister, Vertreter des diplomatischen Corps und der Kommunalpolitik sowie Führungskräfte aus Handel und Wirtschaft. Durch den Abend führte die aus Funk und Fernsehen bekannte WDR-Moderatorin Gisela Steinhauer. Für den musikalischen Rahmen sorgten Sascha Blejwas und Alex Clouet als akustisches Duo „Gitarre mal Zwei“.