Das Jahr 2023 war für den Fahrradfachhandel besonders im dritten Quartal ein eher schwieriges Jahr. Wie bereits in den Vorjahren hatte die schlechte Witterung zusätzlich zu den allgemein negativen Konjunkturfaktoren einen branchenspezifischen negativen Einfluss. Durch das meist feuchte Wetter in den Frühjahrsmonaten startete die Saison zunächst verhalten. Dem entgegen konnten in den Sommermonaten dagegen vom Großteil der Branche leichte Umsatzsteigerungen gegenüber den Vorjahresmonaten erzielt werden. Diese Umsatzsteigerungen wurden anschließend im gesamten Bundesgebiet durch die verregneten Herbst- und Wintermonate abgelöst von starken Umsatzrückgängen. Im Jahresschnitt führte dieses dazu, dass in der Branche die Vorjahresumsätze insgesamt leicht unterschritten wurden. Weitere negative Faktoren für die unzufriedenstellenden Umsätze in der 2. Jahreshälfte waren die Branchenübergreifende inflationsbedingte Kaufzurückhaltung der Verbraucher, gepaart mit Zukunftssorgen und hohen Energiepreisen, die das für Konsum zur Verfügung stehende Budget nochmals reduziert haben. Die Liefersituation und damit die Warenverfügbarkeit kehrte sich im Vergleich zu 2022 insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2023 vollständig um. Die bereits im Herbst 2022 erkennbare Auflösung der Lieferengpässe setzte sich 2023 weiterhin fort und führte letztlich zu massiven Überbeständen im Fachhandel, welche durchweg zu Liquiditätsproblemen geführt haben. Die normale Folge daraus waren zum Jahresende große Preisnachlässe und Rabattaktionen, vor allem im hochpreisigen und sportlichen Bereich, welche den Onlinehandel überproportional tangiert haben. Obwohl bei vielen Händlern kaum Stornierungen oder Verschiebungen für offene Bestellungen von den Lieferanten und Herstellern vorgenommen wurden, füllten sich bei den Lieferanten die Lager sehr schnell, was diese vor große Anforderungen an die Liquiditätslage und Lagerkapazitäten stellt. Auf der internationalen Fahrradmesse EUROBIKE in Frankfurt im Juli 2023 wurden entsprechend weniger Aufträge für das Jahr 2024 geschrieben. Weitere Neueröffnungen der Fachfilialisten,  Sportgeschäfte und Branchenquereinsteiger wurden auch im Jahr 2023 beobachtet. Damit hat sich das Flächenangebot für die Fahrradsortimente in den letzten Jahren deutlich vergrößert. Nach ersten Informationen ist auch der Umsatz im reinen Onlinehandel im Jahr 2023 rückläufig gewesen. Nach Sortimenten sind bei Kinderrädern und normalen Fahrrädern sowie bei Helmen rückläufige Umsätze zu beobachten. Allerdings wurden von Werkstatterlösen, Zubehör allgemein und Gravelbikes positive Entwicklungen berichtet. Der E-Bike-Markt selber weißt eher stabile Umsätze aus. Dies ist vor allem auf den stabilen Bereich des Dienstradleasing  zurückzuführen, welcher durch ständig wachsende Berufsgruppen, die von den steuerlichen Vorteilen profitieren können, immer neue Zielgruppen erobert. Aufseiten der Hersteller ist durch Fehleinschätzungen des Marktes, Management-Fehlern und massiver Überproduktion im Glauben an ewig wachsender Nachfrage in Verbindung mit Kaufzurückhaltung des Einzelhandels bereits von einigen Insolvenzen und Schieflagen (Cycle
Union, Prophete, Müssing u. a.) zu berichten. Hier ist auch die Insolvenz der Internetstores GmbH, u. a. mit fahrrad.de auf dem Onlinemarkt tätig, zu erwähnen.

Zahlen Daten (Fahrradfachhandel)
Gesamt Umsatzveränderung (alle Sortimente, Fahrrad, E-Bike, Zubehör, Werkstatt usw.) gegenüber 2022 zwischen +/- 0 und -5 %
E-Bike Umsatzveränderung gegenüber 2022 +/- 0 %
Unmotorisierte Fahrräder Umsatzveränderung gegenüber 2022 ca. – 10%
Bekleidung/Helme/Zubehör/Teile Umsatzveränderung gegenüber 2022 + 5 % bis + 10 %
Werkstattumsatz Veränderung gegenüber 2022 + 10 % bis + 15 %
Der Marktanteil des Fahrradfachhandels liegt nach Wert bei ca. 82 %
Durchschnittspreis Normale Fahrräder ca. 714,00 Euro brutto
Durchschnittspreis E-Bike ca. 3.570,00 Euro brutto

Es ist weiterhin von steigenden Stückzahlen in der Nachfrage im E-Bike-Bereich auszugehen.

Leasing / Finanzierung

Positiv beeinflusst wird der Absatz von E-Bikes durch das Absatzinstrument Leasing. Die steigende Zahl der Leasingfinanzdienstleistung führt zu einer für die Händler unübersichtlichen Vielzahl von Anbietern. Allerdings stellt das hohe Leasingaufkommen weiterhin hohe Ansprüche an die Administration des Fahrradfachhandels. Sowohl Abwicklung der Verträge als auch in den Verträgen beinhaltete Werkstattleistungen (Inspektionen, Reparaturen etc.) erfordern höhere personelle Aufwendungen und eine Professionalisierung des gesamten Servicebereiches. Auch die klassische Form der Finanzierung wird weiterhin, wenn auch auf geringem Niveau, nachgefragt.

Franchise und Filialisierung
Wachstum von Franchisesystemen wie u. a. EMOTION, VIT-Bikes und VELOLAND wird weiterhin beobachtet. Die Branchenfilialisten (z. B. B.O.C., Stadler, Lucky Bike und XXL) wuchsen entsprechend durch neue Standorte ebenso wie Hersteller mit eignen Markenshops. In der Summe führt dies zu einem stetig steigenden Flächenwachstum für die Fahrradsortimente und somit zu einer Wettbewerbsverschärfung.

Beratung / Service / Werkstatt
Die Nachfrage nach Werkstattleistungen nahm 2023 gegenüber dem Vorjahr z. T. deutlich zu. Grund hierfür ist in den steigenden Fahrleistungen bei E-Bikes und dem damit verbundenen Verschleiß zu sehen (hohe Nachfrage nach Wartungen und Inspektionen). Gegenüber den „vor Coronajahren“ wird eine Steigerung insbesondere bei den Lohnerlösen ausgewiesen. Einen Engpass stellen die personellen Ressourcen dar. Wie in
anderen Branchen auch macht sich hier der Fachkräftemangel bemerkbar.

Fazit
Das hohe Umsatzniveau des Vorjahres konnte fast gehalten werden. Die im Jahresverlauf spürbare Überproduktion stellte die Händler vor große Herausforderungen. Benötigt wurden größere Liquiditäts- und Lagerressourcen, die in den Herbstmonaten zu einer angespannten Lage führten. Zum Jahresende begannen einige Händler mit Sonderverkäufen
zur Lagerbereinigung. Bei allen Herausforderungen des Jahres 2023 kann die Lage in der Fahrradbranche
weiterhin u. a. durch E-Bikes, Leasing und Service positiv bewertet werden.

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